Mittwoch, April 04, 2007

Nachtrag: Schuh-Mahnmal

Um den kulturellen Anspruch dieses Blogs etwas zu erhöhen und um der Frage "Warum stehen am Ufer der Donau Schuhe rum?" mit etwas mehr als einem "darum" zu begegnen, folgt nun ein kurzer ergänzender Exkurs.

Es handelt sich um 60 Paar Schuhe aus Eisen, denen man beim Spaziergang am Donauufer auf der Höhe des Parlamentes begegnet. Der erste Eindruck ist tatsächlich, dass es sich um echte Schuhe handelt und man fragt sich was diese wohl dort machen. Schnell sieht man, dass Passanten zwischen den Schuhen posieren oder ihre eigenen Schuhe dazu stellen. Das Mahnmal und die Geschichte die dahinter steht, ist mir auch erst nach einem Blick in den Reiseführer erschreckend klar geworden:

Am 15. Oktober 1944 scheiterte der Versuch von Reichsverweser Horthy, aus dem Krieg auszuspringen: mithilfe der Deutschen übernahmen die Pfeilkreuzler unter Ferenc Szálasi die Macht. Die Deportation der ungarischen Provinzjuden in die Vernichtungslager war zu dieser Zeit schon beendet: als Horthy im Sommer 1944 diese einstellte, lebte nur mehr in Budapest eine größere jüdische Gemeinschaft: in Ghettos und in den so genannten geschützten Häusern, die unter dem Schutz irgendeiner Botschaft standen, und im Untergrund. Die Züge nach Auschwitz fuhren nicht mehr, es gab nur noch Fußmärsche Richtung Österreich. Die Pfeilkreuzler haben in dieser Zeit, und besonders, nach dem die Sowjets Budapest eingeschlossen haben, das Problem vor Ort und auf ihre Art gelöst: Die Juden, Zigeuner, Kommunisten, Widerstandskämpfer, wurden ans Donauufer geführt, und in den Fluss geschossen. Damit sparte man Munition, Bestattung, und es gab auch eine andere Art Sparsamkeit: die Todgeweihten mussten ihre Oberbekleidung und Schuhe ablegen, da diese noch von Nutzen sein konnten – die Wertgegenstände hat man ihnen bereits früher abgenommen.

So ist die Geschichte, und ich bin froh, dass ich bevor ich es wusste nicht neben den Schuhen posiert habe. Leider ist nämlich im Vorbeigehen nicht ersichtlich, welche Botschaft mit dem Mahnmal verbunden ist!

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